Nicht mehr nur die Überstunden, sondern die komplette Arbeitszeit muss zukünftig in allen Branchen erfasst werden. Der Europäische Gerichtshof hat bereits im Mai 2019 mit seinem wegweisenden Urteil (EuGH, Rs.C-55/18, CCOO) der Bundesregierung den klaren Handlungsauftrag erteilt, ein objektives, verlässliches und zugängliches System zur Aufzeichnung jeder geleisteten Arbeitsstunde einzurichten. 

Dieses Urteil stärkt die Schutzfunktion des Arbeitszeitgesetzes für die Beschäftigten und muss schnellstmöglich umgesetzt werden. Millionenfacher Vorenthaltung des Mindestlohns (DIW Wochenbericht 28/2019) und fast einer Milliarde unbezahlter Überstunden (BT-Drs. 19/05174), die erwiesenermaßen zulasten der Gesundheit von Beschäftigten gehen (DGB Index Gute Arbeit 2019), muss schleunigst ein Riegel vorgeschoben werden.

Wirtschaftsminister Altmaier mauert

Umso skandalöser ist es, dass Wirtschaftsminister Altmaier (CDU) seit Monaten verweigert, ein Gutachten zu dem Urteil, dass sein Haus in Auftrag gegeben hat, dem Parlament und der Regierung zugänglich zu machen. Damit torpediert er gezielt die notwendige Umsetzung. 
LINKEN Fraktionsvize Susanne Ferschl kommentierte dieses Vorgehen gegenüber dem Handelsblatt: „Dieses Verhalten ist an Dreistigkeit nicht zu überbieten. Dabei ist es ganz einfach: Wenn die Öffentlichkeit über Steuergeld Gutachten finanziert, sind diese Gutachten der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Da gibt es gar keine zwei Meinungen. Altmaiers Verhalten verhindert eine politische Entscheidungsfindung darüber, wie das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Erfassung der Arbeitszeit umgesetzt wird, und macht damit einmal mehr deutlich, dass Schutzrechte von Beschäftigten für ihn nur lästige Bürokratie sind.“

Die Linksfraktion wird in der nächsten Sitzungswoche einen Antrag einbringen, der die Bundesregierung dazu auffordert, das Urteil schnellstmöglich umzusetzen.