Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Psychische Belastungen in der Arbeitswelt“ (BT-Drs. 20/9623 und 20/8987) von Susanne Ferschl u.a. Fraktion DIE LINKE. im Bundestag
Zusammenfassung:
Psychische Erkrankungen in der Arbeitswelt nehmen weiter an Bedeutung zu. Gegenüber 2021 ist die Zahl der Arbeitsunfähigkeitstage (AU-Tage) aufgrund von psychischen und Verhaltensstörungen um weiter 4 Millionen Tage auf einen neuen Höchstwert von insgesamt 130 Millionen Tage gestiegen. Im Zehnjahrestrend haben sie die Zahlen damit mehr als verdoppelt (61 Millionen in 2012) Während bei Frauen die AU-Tage gegenüber dem Vorjahr um 2,7 % auf 77 Millionen gestiegen sind, nahmen sie bei Männern um 4 % auf 53 Millionen zu. Die durchschnittliche Ausfallzeit aufgrund psychischer und Verhaltensstörungen liegt mit 32 Tagen auf einem ähnlichen hohen Niveau wie im vergangenen Jahr. Sie ist damit fast drei Mal so hoch wie die durchschnittliche Ausfalldauer aller Diagnosegruppen (11 Tage) und seit 2012 um 4 Tage (knapp 15 %) gestiegen.
Mit 5,6 AU-Tagen je Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung weist der Wirtschaftszweig „Gesundheit und Soziales“ einen stark überdurchschnittlichen Wert auf (Durchschnitt aller Wirtschaftszweige: 3,6 Tage). Weitere Zweige mit stark überdurchschnittlichen Werten sind „Öffentliche Verwaltung, Verteidigung und Sozialversicherung“ (5,1 Tage) und „Erziehung und Unterricht“ (4,5 Tage).
Mit 42 % ist zudem ein Großteil der vorzeitigen Renteneintritte wegen verminderter Erwerbsfähigkeit auf psychische Belastungen zurückzuführen. Gegenüber 2002 bedeutet das einen deutlichen Anstieg um 14 Prozentpunkte.
Auch die volkswirtschaftlichen Kosten durch psychische und Verhaltensstörungen erreichten 2022 einen neuen Höchststand: Die Produktionsausfallkosten überstiegen mit 17,2 Mrd. Euro den Vorjahreswert um 8,9 %, der Ausfall an Bruttowertschöpfung überstieg mit 30,2 Mrd. Euro den Vorjahreswert um 11,4 %.
Die Bundesregierung räumt zwar ein, dass Beschäftigte durch aktuelle Krisen und anhaltenden Entwicklungen (Digitalisierung, Dekarbonisierung, demografische Wandel und Fachkräftemangel) mit neuen Belastungsanforderungen konfrontiert sind, die die psychische Gesundheit beeinflussen können (siehe Antwort Frage 14). Die Vorhaben der Bundesregierung zur Reduzierung der psychischen Belastung in der Arbeitswelt bleiben vor diesem Hintergrund allerdings wage und dürften kaum geeignet sein, um eine zeitnahe Trendumkehr bei den Zahlen herbeizuführen (siehe Antwort Frage 15).
Die Ergebnisse im Einzelnen: