Liebe Kolleginnen und Kollegen,

auch der diesjährige 1. Mai als internationaler Kampftag der Arbeiterklasse wurde, wie so häufig, überschattet von FDP und CDU-Forderungen. Dieses Jahr fordern sie die Einschränkung des Streikrechts. Der Kampf geht also weiter und auch in diesem Newsletter möchte ich wieder Einblicke geben, über meine Arbeit im Parlament.

Schriftliche Fragen zu Tarifbindung und Unternehmen mit Betriebsräten

Mithilfe des parlamentarischen Fragerechts habe ich die Bundesregierung gefragt, wie sich die Zahl der allgemeinverbindlichen Tarifverträge in den vergangenen Jahren entwickelt hat und wie viele Betriebe sowohl tarifgebunden sind als auch einen Betriebsrat haben. Branchenübergreifend gab es 2024 gerade einmal 219 allgemeinverbindliche Tarifverträge. 2013 wurden hingegen – wenn auch nach anderer Zählweise – noch knapp 500 allgemeinverbindliche Tarifverträge gezählt. Die Bundesregierung muss endlich die Allgemeinverbindlicherklärung erleichtern, das Veto-Recht der Arbeitgeber gehört abgeschafft, nur so wird es möglich, Tarifverträge auch auf tarifungebundene Unternehmen zu erstrecken. Unternehmen, die sowohl tarifgebunden sind als auch einen Betriebsrat haben, sind eine sehr seltene Erscheinung. 2022 traf das gerade einmal auf ungefähr 5 % der Betriebe ab fünf Beschäftigten zu. Diese niedrige Zahl ist wenig überraschend, wenn man sieht, wie wenig die Bundesregierung tut, um Betriebsräte zu schützen und ihre Gründung zu erleichtern. Die Bundesregierung muss endlich die Behinderung von Betriebsratsarbeit als Offizialdelikt einstufen, so wie es im Koalitionsvertrag versprochen wurde. Die Augsburger Zeitung berichtete zu unseren Fragen. Die Ergebnisse im Einzelnen findet ihr auf meiner Website.

Kleine Anfrage zur prekären Beschäftigung

Der Spiegel berichtete über unsere kleine Anfrage an die Bundesregierung (der Artikel ist leider hinter einer Paywall, jedoch ist auch die Anfrageauswertung verlinkt). Diese zeigt, dass die prekäre Beschäftigung in Deutschland wieder zunimmt. Gerade in den letzten beiden Krisenjahren stieg die Zahl der geringfügig Beschäftigten erneut an, auf 7,86 Millionen im Jahr 2023, was einen Anstieg um 237.600 Personen im Vergleich zum Vorjahr bedeutet. Damit ist nun wieder auf einem vergleichbaren Niveau wie im Jahr 2018. Die Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro war zwar ein wichtiger Schritt, aber hat den Niedriglohnsumpf nicht ausgetrocknet. Die Auswirkungen der letzten deutlichen Mindestlohnerhöhung im Jahr 2022 beweisen jedoch, wie wirksam der Mindestlohn sein kann. Zwischen der Erhöhung im April 2022 (9,82 Euro) und April 2023 (12,00 Euro) gab es einen bemerkenswerten Rückgang der Niedriglohnquote unter atypisch Beschäftigten – beispielsweise in Ostdeutschland von 43,5% im April 2022 auf 36,5% im April 2023. Es gibt also einen dringenden Handlungsbedarf beim Mindestlohn. Wir schlagen als Ergänzung im Mindestlohngesetz eine Empfehlung einer EU-Richtlinie vor, dass eine Untergrenze von 60% des mittleren Einkommens eingezogen wird. Diese Systematik ist sehr wichtig, weil es dann eine dynamische Entwicklung des Mindestlohnes sichergestellt ist, die verhindert, dass er erneut zum Armutslohn verkommt. Diesbezüglich habe ich auch eine Rede zum Antrag des BSW gehalten.

Neue Videos Online

Mein Team und ich veröffentlichen kurze Videos, in denen ich mich zu aktuellen politischen Themen äußere. Gerade habe ich beispielsweise eines mit Heidi Reichinnek, unserer Gruppenvorsitzenden, gedreht, in dem wir über Union Busting aufklären und aufzeigen, was die Bundesregierung tun müsste, um Betriebsräte besser vor Behinderung und Übergriffen durch die Arbeitgeber zu schützen. Das Video wird in Kürze erscheinen. Schaut gerne auf meinen Kanälen vorbei und teilt meine Videos mit Kolleg*innen, Genoss*innen, Freunden und Angehörigen, um mehr Aufmerksamkeit für Ausbeutung und Ungerechtigkeit in der Arbeitswelt zu schaffen. Mein letztes Video mit Gregor Gysi zum ersten Mai seht Ihr schonmal hier, ebenso das Video, in dem ich erkläre, was eigentlich das Tarifvertragsgesetz ist:

https://www.instagram.com/reel/C6ajO1UNE2s/?igsh=MXJxejZuc3d1czFzeQ==

https://www.instagram.com/reel/C6ETPJjNhDu/?igsh=ZHdhbzVtMmcyY2Rj

Anhörung BR- Vergütung

Nach dem fatalen BGH-Urteil zur Betriebsratsvergütung und einer langen Phase der Unsicherheit, gab es nun eine Reform, zu der es eine interessante Debatte in der letzten Anhörung gab. Vor allem die Schaffung von Rechtssicherheit war in der Reform entscheidend und dies wurde auch bestätigt, von Erfahrungsberichten wie von Betriebsrat Achim Dietrich von ZF Friedrichshafen. Neben Unternehmen, die auf Grundlage des fatalen Urteils Löhne von Betriebsräten zum Teil zur Hälfte gekürzt haben, wurde entsprechende Kürzungsmöglichkeiten sogar zum Geschäftsmodell von Union-Busting Anwaltskanzleien. So wurde es teilweise immer schwerer Nachwuchs für Betriebsräte zu finden und dementsprechend ist die nun beschlossene Regelung eine wirkliche Verbesserung. Das mit Blick auf verbesserte Rahmenbedingungen für Betriebsräte aber noch Luft nach oben ist, hat der von uns eingeladene Sachverständige Professor Thomas Klebe eindrücklich gezeigt. Bindende Betriebsvereinbarungen, feste Verfahren für Vergleichspersonen, Anerkennung von Qualifikationen außerhalb der BR-Tätigkeit sind die Stichworte für eine bessere Vergütung für Betriebsräte, die leider auch in der jetzigen Reform für Betriebsräte schwer durchsetzbar sein wird.
Zusätzlich zeigt der Verweis von Thomas Klebe, dass jede sechste Neuwahl eines Betriebsrats behindert wird, wie wichtig es wäre, dass die im Koalitionsvertrag vereinbarte Offizialdeliktreform noch kommt.

https://www.bundestag.de/ausschuesse/a11_arbeit_soziales/Anhoerungen/998010-998010

Letzter BR-Online Austausch zu Digitalisierung

Dass eine Stärkung der Mitbestimmung dringend geboten wäre, zeigte auch unserer letzter BR-Online Austausch zum Thema Digitalisierung. Andreas Peter, Vorsitzender Betriebsrat Region Ost und stellv. GBR DP CSC GmbH hat mit der vom Betriebsrat in Kooperation mit Ver.di erarbeiteten Digitalisierungsstrategie gezeigt, dass man durch proaktive Gestaltung der Digitalisierung und mit Folgeabschätzungsmanagement einiges für die Beschäftigten erreichen kann. In der Diskussion hat sich auch gezeigt, dass die Digitalisierung eine echte Herausforderung für Betriebsräte und Beschäftigte ist.  Das BetrVG ist nur bedingt zukunftsfest, um diesen neuen Herausforderungen der Arbeitswelt gerecht zu werden. Ob Beschäftigungsersetzung durch Bots und einer einhergehenden Überlastung der Beschäftigten, Billigkonkurrenz bei Dienstleistungen aus dem (europäischen) Ausland, oder US-Datenkonzerne, die von ihren Betriebsräten in Deutschland quasi nur noch über die Einigungsstelle erreichbar sind, die Herausforderungen sind enorm! Mit einer zwingenden Mitbestimmung bei der Beschäftigungssicherung, bei der Personalbemessung und bei der Einführung neuer Techniken, wären grundlegende Verbesserungen leichter umsetzbar, deswegen fordern wir eine Reform der Betriebsverfassung. Welche Möglichkeiten bereits im bestehenden Arbeits- und Gesundheitsschutz vorhanden sind, um Betriebsräten zu helfen, wird von uns im übernächsten BR- Online Austausch besprochen. Zunächst aber zum nächsten BR-Online Austausch:

Nächster Betriebsräte-Online-Austausch: Jetzt anmelden!

Am 2. Juli, 17:00-18:00 Uhr, steht unser nächster BR-Online-Austausch an. Das einstündige Format bietet Raum, sich zu vernetzen und zu aktuellen Fragen der Betriebsratsarbeit auszutauschen, sowie einen Einblick in unsere parlamentarische Arbeit. Mir gibt der Austausch immer die Möglichkeit, zu erfahren, wo vor Ort der Schuh drückt.

Auf vielfachem Wunsch hin beschäftigen wir uns diesmal mit rechten Strukturen im Betrieb und wie wir ihnen als betrieblich Aktive entgegenwirken können. Wir freuen uns sehr, dass wir den Kollegen Stefan Dietl für einen kleinen Input gewinnen konnten.

Stefan lebt und arbeitet im bayerischen Sulzbach-Rosenberg. Er ist vor allem in antirassistischen und antifaschistischen Initiativen und seit seiner Ausbildung ehrenamtlich in der Gewerkschaft ver.di aktiv. Zurzeit ist er unter anderem Vorsitzender des ver.di Bezirks Oberpfalz und Mitglied im Landesvorstand der ver.di Bayern. Er publiziert regelmäßig zu gewerkschafts-, sozial- und wirtschaftspolitischen Themen.

Mehr Infos: https://stefandietl.net/

Für eure Teilnahme, meldet Euch hier kurz an:

susanne.ferschl@bundestag.de

Solidarische Grüße

Eure Susanne Ferschl