Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Befristete Beschäftigung in Deutschland“ (BT-Drs. 20/7976) von Susanne Ferschl u.a. und der Fraktion DIE LINKE im Bundestag

Zusammenfassung:

2022 waren rund 3,24 Millionen abhängig Erwerbstätige befristet beschäftigt (8,7%), über die Hälfte von ihnen sachgrundlos (58%). In der Privatwirtschaft ist der Anteil mit 74,2 % enorm hoch. Aber auch im Öffentlichen Dienst ist mehr als jeder dritte befristete Job sachgrundlos befristet. Im Dritten Sektor ist der Anteil von 35,2 % in 2021 auf 47,0 % gestiegen. Die übergroße Mehrheit der befristeten Verträge laufen nur kurze Zeit: 42,3% der befristeten Verträge belaufen sich auf eine Dauer von 7 – 12 Monaten, gut ein Viertel läuft lediglich bis zu 6 Monate (25,0 %).

Im Jahr 2022 wurden 44 % der befristet Beschäftigten in ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis übernommen. Ein Drittel der befristeten Arbeitsverträge wurden 2022 verlängert und 22 % liefen aus. Trotz rückläufiger Personalabgänge wurden 2022 noch immer mehr Verträge verlängert oder liefen aus als dass Übernahmen in unbefristete Arbeitsverhältnisse erfolgten (58,5%). Hinzu kommt, dass befristet Beschäftigte ein deutlich höheres Risiko tragen im Niedriglohnbereich zu arbeiten – ist in der Gesamtwirtschaft etwa jede/r fünfte von Niedriglöhnen (19,1%) betroffen, ist es unter den befristet Beschäftigten jede/r Dritte (30,2%).

Von den sozialversicherungspflichtigen Neueinstellungen waren 2022 insgesamt 30 Prozent befristet. Von den befristet neu eingestellten Beschäftigten waren nur acht (!) Prozent mit Sachgrund befristet. Dabei haben zwei von drei befristet Beschäftigten angegeben, keine Dauerbeschäftigung gefunden zu haben. Während im Durchschnitt 8,7 % befristet sind, sind es bei den folgenden Merkmalen überdurchschnittlich Viele: 10,9 % mit akademischem Grad und 16,2 % ohne Bildungsabschluss; 16,6 % bei Ausländern; 27,7 % bei 15-24-Jährigen, 14,1 % bei 25-34-Jährigen und 10,5 % bei ab 65-Jährigen.

Die Bundesregierung erkennt an, dass „befristet Beschäftigte und Leiharbeitskräfte in Krisenzeiten wie der COVID-19-Pandemie besonderen Risiken ausgesetzt [sind], da sie nicht über dieselbe faktische Beschäftigungssicherheit verfügen wie „Normalbeschäftigte“.“ Dennoch sind die Vorhaben im Koalitionsvertrag nicht ausreichend[1] und darüber hinaus befindet sich das BMAS diesbezüglich erst in Vorarbeiten.

O-Ton Susanne Ferschl, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE im Bundestag

„Die anhaltend hohe Zahl der Befristungen ist alarmierend und passt so gar nicht zum beklagten Fachkräftemangel. Arbeitsverträge mit Verfallsdatum sind ein gezieltes Mittel, das Arbeitsrecht zu schleifen und Beschäftigte zu disziplinieren. Das permanente Gefühl auf der Abschlussliste zu stehen, sorgt dafür, dass man so einiges einsteckt, um die Arbeit nicht zu verlieren. Dem Wunsch der Arbeitgeber nach unbegrenzter Flexibilität ist ein Riegel vorzuschieben. Er ist mit dem Schutzbedürfnis Millionen Beschäftigter nicht vereinbar. Es verstößt gegen jedes Verständnis von guter Arbeit, Arbeitsverträge ohne Vorliegen eines Grundes zu befristen. Die Möglichkeit, einen Arbeitsvertrag sachgrundlos zu befristen, ist ersatzlos aus dem Teilzeit- und Befristungsgesetz zu streichen.“

Ergebnisse im Einzelnen (2022):


[1] – Abschaffung beim öffentlichen Dienst der nur dort bestehenden Möglichkeit der Haushaltsbefristung

– Beim Bund als Arbeitgeber reduzieren wir die sachgrundlose Befristung Schritt für Schritt.

– Um Kettenbefristungen zu vermeiden, begrenzen wir mit Sachgrund befristete Arbeitsverträge beim selben Arbeitgeber auf sechs Jahre. Nur in eng begrenzten Ausnahmen ist ein Überschreiten dieser Höchstdauer möglich.