Lieber Kollege Hintermayr,
lieber Frederik,

ich danke Dir für Deine Zuschrift und die deutliche Beschreibung der momentanen Umstände in der Corona-Pandemie. Die derzeitige Situation war so noch nie da und ist erschreckend. So viele Betriebe, die Kurzarbeit angemeldet haben und oftmals Kurzarbeit Null, weil die Arbeit komplett eingestellt wurde.

Gleich vorne weg: DIE LINKE steht hinter all Euren Forderungen.

Mit das Wichtigste ist, dass die Ausbildung fortgesetzt werden kann. Ich selber war viele Jahre Jugend- und Auszubildendenvertreterin und weiß daher sehr genau, wie wichtig eine gute Ausbildung ist. Daher freut es mich, dass der DGB die Interessen der jungen Menschen mit Nachdruck vertritt. Auch hier stehen wir auf derselben Seite und setzen uns für dieselben Ziele ein.

Viele Auszubildende stehen kurz vor ihrem Berufsabschluss oder einer Zwischenprüfung. Eine Pandemie darf nicht der Grund dafür sein, dass dies nun nicht mehr möglich sein soll. Die Situation erfordert neue Herangehensweisen und kreative Ideen – viele schlagt ihr ja bereits vor. Ich hielte es für sinnvoll, wenn der DGB, über das BMBF und BMAS eine befristete Ausnahmeregelung für die Prüfungen beantragt. Auch die Kammern müssten daran ja ein großes Interesse haben, da sie möglicherweise mit Klagen rechnen müssen. Schließlich haben sie die Verantwortung für die Durchführung der Prüfungen.

Obwohl landauf, landab über Fachkräftemangel diskutiert wird, ist die Ausbildungsbereitschaft vieler Betriebe kontinuierlich zurückgegangen. In der Tat besteht nun die Gefahr, dass sich viele Unternehmen aus der Ausbildung zurückziehen. Einige bestimmt, weil sie in derart schwierige Verhältnisse geraten sind, dass sie sich nicht anders entscheiden können. Die Forderung nach einer höheren finanziellen Unterstützung der Verbundausbildung ist richtig. Die stärkere konzertierte Förderung außerbetrieblicher Ausbildung (betriebsnah) durch die öffentliche Hand ist eine weitere Möglichkeit, die wir unterstützen.

Die Fraktion Die LINKE. fordert eine Ausbildungsgarantie für junge Menschen. Es ist an der Zeit endlich eine Umlagefinanzierung zu beschließen, denn damit könnte man die Punkte, die Du beschreibst angehen und finanzieren. Zudem gibt es Branchen, wie den Baubereich oder die Altenpflegeausbildung, die das schon seit Jahren erfolgreich machen.

Es braucht eine finanzielle Unterstützung der Betriebe, die nach wie vor ausbilden und einen Anreiz für Betriebe, dass sie wieder ausbilden. Außerdem ist ein massiver Ausbau außerbetrieblicher, staatlich geförderter Ausbildungsplätze insbesondere für die zwei kommenden Ausbildungsjahre ab 2020 nötig, um jungen Menschen eine Ausbildung und berufliche Perspektive zu ermöglichen.

Die finanzielle Situation ist eine weitere Problematik. Bei den Rettungsschirmen darf keiner vergessen werden. Es gab aus dem BMBF den Versuch, die Lohnfortzahlung im §19 für Azubis auszusetzen, das ist vom BMAS abgelehnt worden. Dennoch stellt sich natürlich die Frage – gerade für Auszubildende in Klein- und Kleinstunternehmen – was nach den sechs Wochen passiert. Hier gibt es unterschiedliche Modelle, die zwischen den Gewerkschaften und der Bundesregierung diskutiert werden. Zum Beispiel, ob die Möglichkeit eröffnet wird, sich 60% der Ausbildungsvergütung von der Bundesagentur für Arbeit, angelehnt an das Kurzarbeitergeld, zurückzuholen und 40% durch die Unternehmen zu zahlen (= 100% Ausbildungsvergütung). Wichtig ist, dass am Ende die Ausbildungsvergütung zum Leben reicht. Dafür werden wir uns einsetzen.

Ich nehme Dein Angebot für eine Videokonferenz gerne an.

Mit kollegialen Grüßen