Auf dem Rücken der Beschäftigten und der Gesellschaft sparen Arbeitgeber durch Minijobs Personalkosten- subventioniert vom Steuerzahler – allein 2017 im Gastgewerbe mit 1 Mrd. Euro. DIE LINKE will Minijobs abschaffen, den Niedriglohnsektor bekämpfen und Arbeit ab dem 1. Euro sozialversicherungspflichtig machen. Der Lohn muss zum Leben reichen und vor sozialen Risiken schützen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucherinnen und Besucher auf den Tribünen! Wie immer, wenn die FDP vorgibt, etwas im Sinne der Beschäftigten zu tun, ist das nicht mehr als schöner Schein; das haben wir auch beim vorigen Tagesordnungspunkt gesehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie behaupten, die Beschäftigten profitieren von einer Dynamisierung und von einer Anhebung der Minijobgrenze. In Wahrheit wollen Sie aber nur den Niedriglohnbereich erhalten und damit Ihre Klientel, nämlich die Arbeitgeber und Unternehmerverbände, bedienen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Auf den ersten Blick scheinen Minijobs auch aus Arbeitnehmersicht finanziell attraktiv zu sein. Man erhält Lohn scheinbar ohne Abzüge. Beschäftigte sind von Steuer- und Versicherungsabgaben befreit, aber sie sind auch frei von sozialem Schutz.

(Pascal Kober [FDP]: In der Regel haben sie den von anderer Seite!)

Lieber Kollege Kober, es ist Unsinn, zu behaupten, Sie wollen die Minijobgrenze anheben, weil die Mindestlohnerhöhungen ins Leere laufen und die Menschen daran nicht partizipieren. Die Menschen profitieren von einer Arbeitszeitverkürzung, das heißt, sie arbeiten für den gleichen Betrag kürzer.

Ihr Problem ist doch ein ganz anderes. Ihr Problem ist, dass den Unternehmen billige Arbeitskräfte kürzer zur Verfügung stehen,

(Pascal Kober [FDP]: Das ist eine ungeheuerliche und boshafte Unterstellung!)

und das schmälert die Attraktivität der Minijobs aus Sicht der Unternehmen, insbesondere des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes.

(Beifall bei der LINKEN)

Darum geht es: Am liebsten würden Sie den Mindestlohn doch lieber heute als morgen abschaffen. Aber die FDP ist ja als verlässlicher Steigbügelhalter der Unternehmens­interessen bekannt.

(Widerspruch bei der FDP)

Die Mövenpick-Steuer liegt schon einige Zeit zurück, deswegen ist es mal wieder Zeit für ein Geschenk an den DEHOGA, den Deutschen Hotel- und Gaststättenverband.

(Dr. Marcel Klinge [FDP]: Haben Sie denn nichts anderes an Argumenten? Das kann doch nicht wahr sein!)

Für die Menschen bedeutet ein Minijob, dass sie sich nicht eigenständig gegen die Standardrisiken des Lebens schützen können: keine Absicherung in der Krankenversicherung, keine Arbeitslosengeldansprüche und Rentenansprüche, die nie und nimmer zum Leben reichen. Minijobber sind immer abhängig, entweder vom Ehepartner, von der Familie oder vom Amt.

In vielen Fällen ist ein Minijob nicht gewollt, sondern absolut notwendig, weil der reguläre Job oder die Rente eben nicht zum Leben reichen. Es gibt Frauen – zwei Drittel aller Minijobber sind Frauen –, die haben nachts einen Putzdienst, arbeiten morgens an der Rezeption und betätigen sich abends noch als Näherin. Das ist kein privates Vergnügen, sondern bittere Realität für immer mehr Menschen in unserem Land.

(Beifall bei der LINKEN – Sandra Weeser [FDP]: Manche arbeiten gerne! – Pascal Kober [FDP]: Und die haben dann drei Minijobs, oder was? Drei Minijobs gibt’s nicht!)

In den letzten zehn Jahren ist die Zahl der Minijobber im Nebenjob um 1 Million auf 2,8 Millionen angestiegen, und wir sprechen hier nicht von hochdotierten Nebenjobs wie bei der nordrhein-westfälischen Landesregierung, die jetzt einen ähnlichen Antrag in den Bundesrat einbringen will.

Ich habe auch einen Nebenjob; er ist jedoch nicht hoch dotiert. Ich bin Betriebsrätin, und ich weiß, auf welcher Seite ich stehe: auf der Seite der Beschäftigten.

(Beifall bei der LINKEN)

Als Betriebsrätin möchte ich Ihnen gern einmal die Praxis Ihrer Politik vor Augen führen. Minijobber im Betrieb sind fast immer Beschäftigte zweiter Klasse, die meisten pauschal als Aushilfen eingruppiert, unabhängig davon, ob sie eine qualifizierte Tätigkeit ausüben oder nicht. Die Löhne liegen weit unter denen der regulär Beschäftigten. Viele Minijobber müssen aufstocken. 2017 wurden 4,2 Milliarden Euro an Aufstockerleistungen gezahlt, 1 Milliarde Euro davon an Beschäftigte aus der Hotel- und Gaststättenbranche – Nachtigall, ick hör dir trapsen!

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ja!)

Das sind Steuergelder, das heißt, der Staat subventioniert diese Lohndrückerei auch noch.

In der Praxis werden den Minijobbern häufig Urlaubsansprüche und Sonderzahlungen, wie zum Beispiel das Weihnachtsgeld, verwehrt; Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge finden überhaupt keine Anwendung, und es gibt meist nicht einmal Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Das ist die bittere Realität von Minijobs, und das ist der Grund, warum Arbeitgeber trotz der höheren pauschalen Sozialabgaben ein so großes Interesse an den Minijobs haben: weil letztendlich trotzdem noch ein größerer Profit aus den Beschäftigten herausgequetscht werden kann.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Wenn Sie für diese Menschen etwas tun wollen, dann stärken Sie Mitbestimmungsstrukturen sowie Tarifverträge und erhöhen Sie den Mindestlohn.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber Sie wollen ja beides nicht. Im Übrigen würde Ihr Antrag dazu führen, dass eine halbe Million Menschen aus der Sozialversicherung in prekäre Minijobs gedrängt würden. Das ist absolut unverantwortlich. Minijobs sind – das ist schon gesagt worden – keine Brücke in reguläre Beschäftigung. Es gibt so gut wie keine Aufstiegs­chancen, Weiterbildung in diesen Jobs findet gar nicht erst statt – gerade für Frauen eine biografische Sackgasse. Der Erste Gleichstellungsbericht der Bundesregierung bezeichnet Minijobs nicht umsonst als desaströs.

(Johannes Vogel [Olpe] [FDP]: Nein, nein!)

Wir sagen: Schluss damit! Es wird Zeit, dass man diesen Sumpf austrocknet. Die Subventionierung des Niedriglohnsektors muss endlich unterbunden werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Deswegen fordert Die Linke einen Mindestlohn von wenigstens 12 Euro und die Einbeziehung aller Beschäftigten in die Sozialversicherung, damit alle entsprechend abgesichert sind.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Sozialversicherungspflicht muss ab dem ersten Euro gelten.

Eine kleine Anmerkung noch zum Schluss: Auch die CSU ist da ganz auf der Linie der Unternehmensverbände. Mein Wahlkreiskollege Stephan Stracke ist jetzt leider nicht mehr da, aber er hat erst jüngst von mitwachsenden Minijobs gesprochen – die gleiche Wortwahl wie die der DEHOGA-Geschäftsführerin Frau Hartges. Ich würde sagen: Wer gute, sozialversicherungspflichtige Arbeit und einen solidarischen Sozialstaat möchte, der macht am Sonntag sein Kreuz an der richtigen Stelle.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)