Auswertung der Antwort der Bundesregierung auf Schriftliche Frage im Juni 2022 von Susanne Ferschl, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE im Bundestag

Die Bundesregierung gibt an, dass sie über keine Erkenntnisse darüber verfüge, wie viele Betrieb in Deutschland eine Betriebsärztin oder einen Betriebsarzt bestellt haben.[1] Im Rahmen der GDA-Dachevaluation[2]  wurde 2015 jedoch eine repräsentative Betriebsbefragung durchgeführt, die unter anderem auch Vorhandensein einer/-s Betriebsärztin/-arztes abbildete. Die Bundesregierung verweist selbst aktuell im so genannten SUGA-Bericht auf diese Erhebung[3] und zitiert die Ergebnisse, wonach 72 Prozent aller Betriebe einen Betriebsarzt bestellt haben[4]

Im Jahr 2020 gab es in Deutschland 12.419 Ärztinnen und Ärzte mit arbeitsmedizinischer Fachkunde. Nach Aussage der Bundesregierung variieren die Bedarfe nach Branche und können nicht allgemeingültig festgestellt werden.

Allerdings hat eine aktuelle Studie der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung den Betreuungsbedarf anhand der von der Bundesregierung genannten branchenspezifischen Faktoren berechnet. Dabei gibt es einen Bedarf von ca. 15 Millionen Stunden pro Jahr.[5]

Die Studie ergänzt außerdem, dass von den 12.419 Ärztinnen und Ärzten einige nicht oder nicht mehr als Betriebsärzt*innen tätig seien. Weswegen von 8.046 Fachkräften auszugehen sei, wovon aber nur 3.500 betriebsärztlich aktiv seien. Daraus ergäbe sich eine aktuelle betriebsäzrtliche Kapazität von ca. 5 Millionen Stunden. Im Gegensatz zum Bedarf also ein Delta von ca. 10. Millionen Stunden

Im Detail:


[1] Schriftliche Frage Nummer 54 auf der Bundestagsdrucksache Nr.19/31996 vom 12. August 2021

[2] Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie

[3] Bericht der Bundesregierung über den Stand von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit und über das Unfall- und Berufskrankheitengeschehen in der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2020 (vom Januar 2022), S.18f.

[4] Ebenda, S. 20

[5] Schäfer, Klaus; Hollich, Helmut; Charissé, Michael: Betriebsärztlicher Betreuungsbedarf in Deutschland. DGUV Forum 6/2021.