Auswertung der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „ (Atypische) Arbeitszeiten und
Überstunden in Deutschland“ (Drs. 20/9528) von Susanne Ferschl u.a. und die Linke im Bundestag

Zusammenfassung:

Die Zahl der in Deutschland geleisteten Überstunden ist nach den aktualisierten Zahlen des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) höher als bisher angenommen. So leisteten abhängige Beschäftigte den aktualisierten Zahlen zufolge im Jahr 2022 1,436 Milliarden Überstunden. Davon waren 839 Millionen Überstunden (≈60 %) unbezahlt und unabgegolten. Im Mai hatte das IAB die Zahl der geleisteten Überstunden noch mit 1,286 Milliarden angegeben (davon 702 Millionen unbezahlt).

Im Wirtschaftszweig „Öffentliche Dienstleister, Erziehung, Gesundheit“ wurden mit 404 Millionen die meisten Überstunden geleistet, gefolgt von  „Handel, Verkehr, Gastgewerbe“ (303 Millionen) und dem produzierenden Gewerbe (282 Millionen). Das Arbeitsvolumen der 2022 insgesamt  geleisteten Überstunden würde ausreichen, um 900.000 Vollzeitstellen zu schaffen. Durch die unbezahlten Überstunden haben Unternehmen im Jahr 2022 zugleich 33,1 Milliarden Euro an Lohnkosten eingespart.[1]

Auf einem hohen Niveau verharren auch atypische Arbeitszeiten wie Wochenendarbeit, Sonn- und Feiertagsarbeit, Abend- und Nachtarbeit und überlange Arbeitszeiten. So haben 2022 17,1 % der abhängigen Beschäftigten an Wochenenden, 14 % an Abenden (18 – 23 Uhr), 9,5 % an Sonn- und Feiertagen und 4,6 % nachts (23-6 Uhr) gearbeitet. Knapp 1,5 Millionen Beschäftigte (≈3,8 %) waren 2022 zudem von überlange Arbeitszeiten von mehr als 48 Stunden pro Woche betroffen, die nachweislich gesundheitsschädlich sind (siehe Antwort Frage 14).

Insbesondere die Wochenendarbeit erweist sich als prekäre. Knapp 20 % der betroffenen Beschäftigten verdienen weniger als 1250 Euro, weitere knapp 20 % zwischen 1250 und 2250 Euro im Monat. Die Wirtschaftszweige mit dem höchsten Anteil der Beschäftigten mit Wochenendarbeit sind dabei Gastronomie (54,5 %), Beherbergung (50,8 %), Heime (46,2 %) und der Einzelhandel (44,8 %). Zugleich sind weibliche Beschäftigte (18,6 %) öfters von Wochenendarbeit betroffen als männliche (15,8 %) und Beschäftigte in Teilzeit (19,2 %)  und geringfügiger Beschäftigung (18,4 %) öfters als Beschäftigte in Vollzeit (16,2 %).


[1] Dieser Wert ergibt sich, wenn man die Anzahl unbezahlter Überstunden in 2022 (839 Millionen) mit den durchschnittlichen Arbeitskosten je geleistete Stunde (laut Statistischem Bundesamt waren das 39,50 €/h im Jahr 2022: https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2023/04/PD23_164_624.html) multipliziert.

Die Ergebnisse im Einzelnen: