Auswertung der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Ausmaß und Struktur geringfügiger Beschäftigung in Deutschland“ (BT-Drs. 20/13313) von Susanne Ferschl u.a. und der Gruppe Die Linke
Zusammenfassung:
Fast jede/r zweite geringfügig Beschäftigte ist im Haupterwerbsalter zwischen 25 und 55 Jahren (47 Prozent). Besonders verbreitet sind Minijobs in der Gastronomie (1,1 Mio.), dem Handel (1,27 Mio.) sowie im Gesundheits- und Sozialwesen (807.669). Entgegen landläufigen Vorurteilen verfügen ausschließlich geringfügig entlohnte Beschäftigte in der Mehrheit aber durchaus über einen anerkannten Berufsabschluss (51 Prozent) oder einen akademischen Abschluss (10 Prozent), dies gilt umso mehr bei einem Minijob als Nebenbeschäftigung: anerkannter Berufsabschluss 64 Prozent; akademischer Berufsabschluss 13 Prozent.
Der Anteil von Beschäftigten, die einen Minijob im Nebenerwerb ausüben steigt zudem seit Jahren kontinuierlich an.
Minijobs sind darüber hinaus häufig kein Sprungbrett in reguläre Beschäftigung, sondern entwerten erworbene Qualifikationen, sind häufiger befristet, schlechter entlohnt und generell aufgrund des geringen Stundenumfangs nicht existenzsichernd. Minijobbende verdienten 2023 im Mittel lediglich 13,53 Euro, während bezogen auf alle abhängigen Beschäftigten der Lohn bei 24,59 Euro lag. Dementsprechend liegt auch der Niedriglohnanteil unter den geringfügigen Beschäftigten mit 59,1 Prozent fast viermal mal so hoch wie in der Gesamtwirtschaft (16,3 Prozent). Das Arbeitsvolumen von marginal Beschäftigten und Mehrfachbeschäftigten („häufig Minijobs“) lag 2023 bei 3,62 Mrd. Stunden – das entspricht 2,3 Mio. Vollzeitäquivalenten.
Auf die Frage, warum die Regierung trotzdem an den Minijobs festhält, gibt sie an, die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, vor allem von Frauen, erhöhen zu wollen. Dieses Ziel wurde deutlich verfehlt. Denn die Zahl der neu begonnenen sv-pflichtigen Beschäftigungsverhältnisse mit einer geringfügigen Vorbeschäftigung lag 2023 mit 1,36 Mio. auf dem niedrigsten Wert seit 2019, wo noch immerhin 1,6 Mio. sv-pflichtige Beschäftigungsverhältnisse mit einer geringfügigen Vorbeschäftigung gezählt wurden. Bei Frauen betrug der Rückgang 8,3 Prozent zum Vorjahr – insgesamt lag er bei 7,4 Prozent.
Mehreinnahmen bei einer Sozialversicherungspflicht ab dem ersten Euro von Minijobbenden würden durchschnittlich 9,90 Euro pro 100 Euro Verdienst und Monat betragen. Bei einem Entgelt von 350 Euro, das gerundet dem monatlichen Durchschnittsverdienst 2022 von geringfügig entlohnten Beschäftigten im gewerblichen Bereich entsprach, belaufen sich die rechnerischen Mehreinnahmen pro Minijobber im Mittel auf folglich 34,65 Euro. Vor allem aber sind Beschäftigte dann auch im Krisenfall sozial abgesichert.
Gleichbleibend hoch ist die Zahl der Minijobbenden, die sich von Rentenversicherungspflicht befreien lassen. Das kann im Einzelfall verheerende Folgen haben. Etwa bei der Erwerbsminderungsrente, wo auf z.B. aufgrund der Befreiung im Fall von Krankheit und Arbeitsunfähigkeit erforderliche Wartezeiten nicht erfüllt werden können (§ 43 SGB VI), was zur Versagung einer Rente wegen Erwerbsminderung führt.