Auswertung der Kleinen Anfrage »Arbeitsbedingungen bei Plattformarbeit«, (BT-Drs. 20/12039) von Susanne Ferschl u.a. und der Gruppe DIE LINKE im Bundestag.

Zusammenfassung:

Plattformarbeit beschreibt eine Beschäftigungsform, bei der Menschen und Organisationen eine Online-Plattform benutzen, um Dienstleistungen zu vermitteln. Schwerpunkte bilden unter anderem die Essens- und Lebensmittellieferungen, Hausangestellte sowie die Personenbeförderung. Während der COVID-19-Pandemie hat der Umfang von Plattformarbeit stark zugenommen.
Immer wieder stehen die Arbeitsbedingungen der Plattformbeschäftigten zur Debatte. Oft leiden die Beschäftigten unter schlechter Bezahlung, mangelnder sozialer Absicherung und schlechtem Arbeitsschutz. Im Koalitionsvertrag (S. 57) haben sich die Ampel-Parteien darauf geeinigt, die Datengrundlage bei der Plattformarbeit zu verbessern und die Arbeitsbedingungen in den Blick zu nehmen. Bisher wurde nichts getan, doch jetzt soll eine neue EU-Richtlinie Besserung bringen. Das ist dringend notwendig, wie Daten zeigen, auf die die Bundesregierung in ihrer Antwort verweist.
Die Bundesregierung beruft sich in ihrer Antwort auf Daten, die zeigen, dass im Jahr 2021 bereits 201 digitale Arbeitsplattformen in Deutschland aktiv waren und mehr als 3,8 Millionen Beschäftigte in Deutschland über digitale Arbeitsplattformen arbeiteten. Über eine Million dieser Beschäftigten arbeitete dabei mehr als 20 Stunden über digitale Arbeitsplattformen und bezog dadurch mehr als 50 Prozent ihres Einkommens (vgl. Frage 2 & 3). Es ist davon auszugehen, dass diese Zahl 2024 deutlich höher liegt. Für die Entwicklung der Zahl der Plattformbeschäftigten beruft sich die Bundesregierung auf Daten zu Lieferdiensten, anhand deren sich die „dynamische Entwicklung“ (Antwort der Bundesregierung: S. 3) beispielhaft aufzeigen lässt. Hier wird das gigantische Wachstum der Branche deutlich. Die Zahl der Beschäftigten bei den untersuchten Lieferdiensten ist von 1.000 im Jahr 2010 auf rund 38.000 im Jahr 2022 vervielfacht (vgl. Frage 5). Die Arbeitsbedingungen sind jedoch unterdurchschnittlich: Die Löhne sind niedrig, fast die Hälfte dieser Plattformbeschäftigten waren 2021 und 2022 geringfügig beschäftigt – deutlich mehr als bei vergleichbaren Beschäftigten in Helferberufen (vgl. Frage 6) und die Beschäftigungsverhältnisse nur von kurzer Dauer und deutlich kürzer als bei vergleichbaren Beschäftigten in Helferberufen (vgl. Frage 9).

O-Ton Susanne Ferschl, gewerkschafts- und arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Gruppe Die Linke im Bundestag:

„Der Bundesregierung fehlt ganz offensichtlich der Überblick über einen ganzen Wirtschaftszweig, dabei sind die schlechten Arbeitsbedingungen in der Plattformarbeit seit Jahren bekannt: Obwohl es sich faktisch um Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer handelt, wird eine Vielzahl der Beschäftigten systematisch als selbstständig eingestuft. Dadurch fehlt es an sozialer Absicherung, Entlohnung nach Mindestlohn oder Arbeitnehmerschutzvorschriften, von betrieblicher Mitbestimmung ganz zu schweigen. Es ist beschämend, dass die Bundesregierung zwar im Koalitionsvertrag noch verbesserte Bedingungen für Plattformbeschäftigte versprochen, dann aber nicht einmal der entsprechenden EU-Richtlinie zugestimmt hat. Auch jetzt scheint es so, als wolle sie die Umsetzung dieser Richtlinie auf die lange Bank schieben – auf dem Rücken der Beschäftigten. Die Rechte von Plattformbeschäftigten müssen endlich gestärkt werden! Es ist Zeit, den Versprechungen Taten folgen zu lassen: Anerkennung des Arbeitnehmer-Status, soziale Absicherung, faire Entlohnung und eine Regulierung des Preiswettbewerbs müssen zum Standard der Plattformökonomie werden.“

Die Auswertung zum herunterladen: