Rede im Deutschen Bundestag am 27.04.2023

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DIE LINKE verfügt mit »Ahoi, Mitbestimmung« über ein konkretes Konzept zur Reform der Betriebsverfassung, um die Arbeitswelt zu demokratisieren. Heute diskutiert der Bundestag über ihr fortschrittliches Programm zur Reform der betrieblichen Mitbestimmung.

Hier könnt ihr meine Rede nachlesen:

Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Meine 25-jährige Betriebsratszeit hat mich eines gelehrt: Gemeinsam kann man wirklich was bewegen und die Arbeitsbedingungen vor Ort verbessern.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber wir sind als Betriebsrat auch immer wieder an Grenzen gestoßen. Als damals eine Produktionslinie stillgelegt wurde, hatten wir als Betriebsrat gute Vorschläge, um die Arbeitsplätze zu erhalten; aber den Arbeitgeber hat es nicht interessiert. Die Kolleginnen und Kollegen waren raus, weil wir beim Thema Beschäftigungssicherung zwar ein Vorschlagsrecht, aber eben kein Mitbestimmungsrecht hatten.

Heute stehe ich hier als Bundestagsabgeordnete, und ich bin stolz, dass meiner Fraktion das Thema „betriebliche Mitbestimmung“ so wichtig ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben ein eigenes Konzept zur Reform der Betriebsverfassung entwickelt, das Betriebsräten deutlich mehr Spielraum gibt. Das ist gerade im Zuge des Wandels der Arbeitswelt extrem wichtig; denn die Digitalisierung in allen Branchen und der Kampf gegen den Klimawandel zwingen uns zu neuen Arbeits- und Produktionsweisen.

Für diese Transformation der Arbeitswelt, damit sie demokratisch, nachhaltig und sozial gelingt, müssen die Rechte von Betriebsräten ausgebaut werden.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Frank Bsirske (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Dafür sind mindestens drei Maßnahmen notwendig:

Erstens. Es braucht mehr Betriebsräte. In nur noch 7 Prozent aller Betriebe gibt es überhaupt welche – mit fallender Tendenz. Diese dramatische Entwicklung muss doch gestoppt werden.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Frank Bsirske (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Zurufe von der LINKEN: Genau!)

Häufig sind Betriebsräte dann auch noch perfiden Angriffen ausgesetzt, Stichwort „Union-Busting“. Deswegen wollen wir Betriebsratsgründungen erleichtern und kriminellen Arbeitgebern, die die Demokratie im Betrieb behindern wollen, das Handwerk legen.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE): Genau!)

Zweitens. Wir wollen die Arbeitsbedingungen von Betriebsräten verbessern. Dazu gehören ein erleichterter Zugang zu Schulungen, das Hinzuziehen von Sachverständigen und mehr Zeit für Betriebsratsarbeit, also auch mehr Freistellungen. Dazu gehört aber auch eine angemessene Bezahlung. Hier gibt es aufgrund eines Urteils des Bundesgerichtshofs gerade eine ziemliche Verunsicherung, und deswegen muss der Gesetzgeber hier auch tätig werden.

(Beifall bei der LINKEN – Amira Mohamed Ali (DIE LINKE): Genau! So ist es!)

Drittens – und das ist das Herzstück der Reform -: mehr zwingende Mitbestimmungsrechte, zum Beispiel bei der angesprochenen Beschäftigungssicherung, bei der Personalplanung, beim Klimaschutz, bei der Weiterbildung, bei prekärer Beschäftigung usw. Nur so können Betriebsräte mit ihren Arbeitgebern auf Augenhöhe verhandeln, und nur so kann die Transformation in der Arbeitswelt gelingen.

(Beifall bei der LINKEN)

Da sind wir uns im Übrigen inhaltlich, was die Vorschläge anbelangt, auch mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund sehr einig.

Meine Damen und Herren, ein Aspekt ist mir wirklich noch sehr, sehr wichtig: Betriebsräte stärken nicht nur die Demokratie im Betrieb, sondern auch die demokratische Kultur in einer Gesellschaft insgesamt.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Demokratieskepsis und das Gefühl politischer Ohnmacht sind nicht ohne einen Blick auf die Welt der Arbeit zu erklären. Die Otto Brenner Stiftung kommt zu dem Ergebnis, dass demokratische Enttäuschungen eng mit den Erfahrungen am Arbeitsplatz zusammenhängen. Also dort, wo Schutzrechte von Beschäftigten abgebaut werden und die Mitbestimmung mit Füßen getreten wird, ist das Vertrauen in die Demokratie besonders niedrig. Wenn die Kolleginnen und Kollegen aber im Gegenzug merken, dass ihre Stimme gehört wird, dass sie echten Einfluss auf ihre eigenen Arbeitsbedingungen haben, dann sind sie auch widerstandsfähiger gegenüber antidemokratischen Einstellungen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Dr. Tanja Machalet (SPD))

Auch deswegen brauchen wir mehr Demokratie am Arbeitsplatz.

Kolleginnen und Kollegen, ich freue mich sehr auf die gemeinsame Diskussion.

(Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir auch!)

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)