Liebe Kolleginnen und Kollegen,
hier schicke ich Euch wieder einen kleinen Ausschnitt aus meiner Arbeit und der meines Teams im Bundestag. Wir können uns nicht über zu wenig Arbeit beschweren. Die Themen reißen nicht ab und wir versuchen, wo es geht, deutlich zu machen, was die Interessen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sind.
Aber auch für Euch betrieblich Aktive sind es herausfordernde Zeiten. Von Betriebsräten aus meinem Wahlkreis höre ich viel von den Schwierigkeiten, die die aktuelle Lage für Betriebe aus den unterschiedlichsten Branchen mit sich bringt. Ich werde deswegen am 8. Dezember ein Netzwerktreffen für Betriebsräte organisieren. Zusammen mit Vertreterinnen und Vertretern von ver.di und der NGG wollen wir uns gegenseitig auf den neuesten Stand bringen und gemeinsame Gegenstrategien entwickeln. Wenn Ihr aus der Region seid, kommt gerne vorbei: Das Treffen findet von 15:00 bis 17:00 Uhr in der Kolping Akademie, Adolph-Kolping-Str. 2a, 87600 Kaufbeuren, statt (Betriebsrätekonferenz Kaufbeuren | MdB Susanne Ferschl (susanne-ferschl.de)). Wenn Euch Kaufbeuren etwas zu weit sein sollte, meldet Euch gerne! Vielleicht wiederholen wir das Treffen noch mal in einem Online-Format.
Arbeitszeit
Das Bundesarbeitsgericht hat im September klargestellt, dass bereits jetzt schon alle Arbeitgeber dazu verpflichtet sind, die Arbeitszeit ihrer Beschäftigten zu erfassen. Bisher gibt es nur eine knappe Pressemitteilung des Gerichts.[1] Nicht nur Betriebsräte, Gewerkschaften und Arbeitgeber warten auf die ausführliche Urteilsbegründung, sondern auch die Bundesregierung. Auf eine Schriftliche Frage hat mir das Arbeitsministerium geantwortet, dass es noch keinen Zeitplan für eine Reform des Arbeitszeitgesetzes gäbe. Auf unsere Initiative gab es bereits Ende September im Ausschuss für Arbeit und Soziales eine Berichterstattung dazu. Die zuständige Staatssekretärin sagte ebenfalls, dass das Ministerium die Urteilsbegründung abwarten würde. Zudem sind aber auch die unterschiedlichen Sichtweisen in der Ampel wieder deutlich geworden, denn zumindest die FDP hat überhaupt kein Interesse an einer Arbeitszeiterfassung, zumindest dann nicht, wenn sie nicht mit weiteren Flexibilisierungen verbunden wird.
Insgesamt kennen wir diese Verzögerungsstrategie. Schon in der letzten Legislatur hat sich das Ministerium immer wieder um eine klarstellende gesetzliche Regelung gedrückt. Auch damals mussten angeblich noch die Auswirkungen des entsprechenden Urteils des Europäischen Gerichtshofes geprüft werden. Wir wollen in dieser Sache keine weitere Verschleppung hinnehmen. Wir bereiten deswegen einen Antrag zur verpflichtenden Arbeitszeiterfassung zur Verhinderung von Überarbeitung und Lohnbetrug vor. So werden wir der Bundesregierung auf die Sprünge helfen. Wie müsste ein optimales Arbeitszeiterfassungssystem für Euch aussehen? Meldet Euch mit Hinweisen und Anmerkungen gerne bei uns!
Verbot von OT-Mitgliedschaften
Mitgliedschaften von Unternehmen ohne Tarifvertrag in Arbeitgeberverbänden (OT-Mitgliedschaften) sind im Aufwind. Es scheint ein lukratives Konstrukt zu sein: Unternehmen erhalten durch ihre Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband juristische Beratung und können im Verbund auch wirkungsvoller Lobbyarbeit betreiben – sie sind aber nicht an Tarifverträge gebunden. Prominentes Beispiel ist die OT-Mitgliedschaft des Onlinehandelsriesen Amazon im Handelsverband Deutschland (HDE). Unternehmensverbände sind zwar dazu verpflichtet, die Einflusssphären von Mitgliedsunternehmen mit Tarif und ohne Tarif zu trennen. In der Praxis ist das aber kaum möglich und schwer überprüfbar. Erst recht, weil auch Teile der Mitgliedsbeiträge von OT-Mitgliedern in den Arbeitskampffonds fließen und davon auszugehen ist, dass auf die Interessen von wichtigen OT-Mitgliedern Rücksicht genommen wird. Für Gewerkschaften und Beschäftigte ist diese Möglichkeit des Wechsels permanente Drohung, keine zu hohen Forderungen zu stellen, um die Tarifbindung nicht zu gefährden. Als ersten Schritt müssen daher zumindest Blitzaustritte von Unternehmen während einer laufenden Tarifverhandlung untersagt werden.Darüber hinaus bestätigt ein Gutachten von Prof. Wolfgang Däubler im Auftrag der Fraktion DIE LINKE, dass es durchaus unkompliziert möglich ist, OT-Mitgliedschaften von Unternehmen in Arbeitgeberverbänden zu untersagen, um so die Tarifbindung in der Fläche zu stärken. Das gesamte Gutachten samt Kurzauswertung könnt Ihr hier nachlesen: https://www.linksfraktion.de/themen/nachrichten/detail/tarifflucht-in-schmutzige-wettbewerbsvorteile-ot-mitgliedschaften-verbieten/.
Außerdem hat die Süddeutsche Zeitung darüber berichtet: https://www.sueddeutsche.de/politik/linke-tarifvertraege-arbeitgeberverbaende-1.5685084?reduced=true.
Wir werden an dieser Sache dranbleiben. Wenn Ihr auch Probleme mit OT-Mitgliedschaften in Eurer Branche habt, dann erzählt uns davon!
Mitbestimmung bei Weiterbildung
Herausforderungen durch Fachkräftemangel, steigende Arbeitsintensivierung und Transformation: Es ist von großer Bedeutung, dass Beschäftigte für die Tätigkeiten, die sie aktuell und zukünftig erledigen sollen, auch passend qualifiziert sind. Mehr noch: Bildung, auch Berufsbildung, soll nicht nur einseitig Menschen als Arbeitskräfte formen, sondern auch den Horizont erweitern und die Persönlichkeit prägen. Im SGB III sind Mechanismen geregelt, mit denen der Staat Unternehmen dabei fördert, Weiterbildung für ihre Beschäftigten anzubieten. Gefördert werden sowohl die Kosten der Weiterbildung als auch die Lohnkosten, wenn die Weiterbildung während der Arbeitszeit stattfindet (§ 82 SGB III)[2]. Seit fast genau zwei Jahren ist zudem § 82 Abs. 4 SGB III in Kraft. Wenn im Betrieb eine Betriebsvereinbarung oder ein Tarifvertrag über die betriebliche Weiterbildung besteht, dann steigt der Anteil der Förderung. Also ein echter Anreiz für die Betriebsparteien, gemeinsame Lösungen für die Weiterqualifizierung der Belegschaft zu finden.
Ich habe die Bundesregierung gefragt, wie viele Unternehmen von diesem Instrument Gebrauch machen. In den letzten zwei Jahren wurde die Weiterbildung von ca. 57.000 Beschäftigten damit gefördert. Allerdings waren davon nur 2.300 Beschäftigte, bei denen eine Betriebsvereinbarung oder ein Tarifvertrag dazu galt. Das ist eine Quote von 4,2 Prozent.
Viele Betriebsräte und ihre Arbeitgeber kennen diese Möglichkeit wahrscheinlich bisher nicht. Berufsbildung spielt in der Arbeit von Betriebsräten eine eher untergeordnete Rolle. Die Mitbestimmungsrechte sind schwach ausgestaltet. Das Betriebsrätemodernisierungsgesetz sollte das ändern. Anstatt eines zwingenden Mitbestimmungsrechts ist aber lediglich die Möglichkeit einer Moderation durch eine Einigungsstelle ohne Spruchfähigkeit dabei herausgekommen. Das ist zu wenig. Wir fordern in unserem Mitbestimmungskonzept[3] schon länger durchsetzbare Mitbestimmung bei allen Fragen der Berufsbildung.
Mindestlohn-Kontrollen
Zum 1. Oktober 2022 trat die Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro je Zeitstunde in Kraft. Eine notwendige Erhöhung zur richtigen Zeit, sofern sie bei den Beschäftigten auch in der Geldbörse ankommt. Zweifel sind berechtigt, denn in der Vergangenheit wurde laut Erhebung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) bis zu 2,4 Mio. Beschäftigten der Mindestlohn widerrechtlich vorenthalten. Ein Gesetz ist nur so gut, wie die Kontrolle seiner Durchsetzung. DIE LINKE im Bundestag hat daher in insgesamt 15 Kleinen Anfragen die Kontrollen des Mindestlohns in den Bundeländern zum Thema gemacht – mit dem ernüchternden Ergebnis, dass noch immer viel zu wenig kontrolliert wird. Im Schnitt müssen Betriebe nur alle 55 Jahre mit einer Kontrolle rechnen. Die tatsächliche Zahl der zuständigen Kontrolleurinnen und Kontrolleure in der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) ist sogar rückläufig. DIE LINKE fordert daher in einem Antrag, die Kontrollen auszubauen und das Personal bei der FKS entsprechend aufzustocken sowie die Rechte von Beschäftigten zu stärken: https://dserver.bundestag.de/btd/20/020/2002058.pdf. Dieser Antrag wird am Donnerstag im deutschen Bundestag diskutiert und abgestimmt werden.
Der Bayerische Rundfunk hat über die Kleine Anfrage zu Mindestlohnkontrollen berichtet: https://www.br.de/nachrichten/bayern/mindestlohn-steigt-gibt-es-in-bayern-zu-wenig-kontrollen,TInuPeP.
[1] Einführung elektronischer Zeiterfassung – Initiativrecht des Betriebsrats (Das Bundesarbeitsgericht [ODER wie bei den folgenden beiden Fußnoten: bundesarbeitsgericht.de])