Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister! Was Die Linke seit Jahren fordert, wird jetzt Realität: Der Mindestlohn wird auf 12 Euro erhöht. Das ist eine sehr gute Nachricht für Millionen von Beschäftigten, und das begrüßen und unterstützen wir natürlich ausdrücklich.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben natürlich auch Kritik, zum Beispiel, dass jungen Menschen ohne Berufsausbildung oder Langzeitarbeitslosen oder Menschen mit Behinderung in Werkstätten auch weiterhin der Mindestlohn vorenthalten wird. Aber die dickste Kröte in Ihrem Gesetzentwurf – dazu haben Sie gar nichts gesagt, Herr Minister – ist: Die 12 Euro gibt es nur bei einer gleichzeitigen Ausweitung der Minijobs, also von Jobs, von denen man nicht leben kann. Das ist ein ganz, ganz schmutziger Deal, den Sie da in der Bundesregierung gemacht haben, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der LINKEN)

Nicht nur wir lehnen das ab, wie die Onlinepetition von Verdi und auch die Positionierungen der Gewerkschaften innerhalb des DGB zeigen. Selbstverständlich wird das auch auf den Kundgebungen am 1. Mai ein Thema sein.

Insbesondere Grüne und SPD wissen doch ganz genau, dass Minijobs ein Paradebeispiel für prekäre Beschäftigung sind. Nicht umsonst waren Sie, Grüne und SPD, vor der Bundestagswahl noch für eine massive Eindämmung. Gute Gründe dafür gibt es genug: Minijobbende sind nicht sozial abgesichert. Sie haben weder Anspruch auf Kurzarbeitergeld noch auf Arbeitslosen- oder Krankengeld. Sie erwerben kaum Rentenansprüche, und betroffen davon sind insbesondere Frauen.

(Zuruf der Abg. Saskia Esken (SPD))

Das ifo-Institut hat erst letzte Woche bestätigt, dass sich durch Ihr Gesetz die Teilzeitfalle für Frauen verschärfen wird. Sie verursachen also auch noch ein gleichstellungspolitisches Desaster. Das ist völlig inakzeptabel!

(Beifall bei der LINKEN)

Minijobbende sind fast immer Beschäftigte zweiter Klasse: tarifliche Bezahlung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Urlaub usw. – meistens Fehlanzeige. Diese Aufzählung könnte ich als langjährige Betriebsrätin noch eine ganze Weile weiterführen. Aber was dem Ganzen wirklich die Krone aufsetzt, ist, dass Sie durch diese Regelung die Erhöhung des Mindestlohns konterkarieren. Denn Minijobs ohne tagesaktuelle und ohne manipulationssichere Arbeitszeitaufzeichnungen sind – das stimmt schon – das Haupteinfallstor für Mindestlohnbetrug. Aktuell werden schon 2,5 Millionen Beschäftigte um ihren Lohn betrogen. Das ist doch Wahnsinn!

(Beifall bei der LINKEN)

Sie ziehen bei den Kontrollen zum Mindestlohn nicht alle Register. Auch hier sehen wir großen Nachholbedarf. Die Regelung zur Arbeitszeitaufzeichnung beispielsweise stand im Referentenentwurf noch drin und wurde ganz offensichtlich auf Wunsch der FDP gestrichen. Man könnte fast meinen, dass dieser Lohnraub an den Beschäftigten nicht nur billigend, sondern auch vorsätzlich in Kauf genommen wird. Das ist Teil des schmutzigen Deals, und das ist schäbig, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Schäbig – das sei an der Stelle auch erwähnt – ist auch das Verhalten der Arbeitgeber, die die ganze Zeit den Fachkräftemangel bejammern und jetzt juristisch gegen die Mindestlohnerhöhung vorgehen wollen. Sie als Bundesregierung könnten hier Abhilfe schaffen: Weiten Sie prekäre Beschäftigung nicht aus, sondern dämmen Sie sie ein; das hilft nämlich gegen den Fachkräftemangel.

(Beifall bei der LINKEN)

Schützen Sie Beschäftigte und die sozialen Sicherungssysteme. Jede Stunde Arbeit muss sozialversicherungspflichtig sein, und das will laut einer Umfrage des DGB auch die Mehrheit der Befragten. Noch haben Sie die Chance, diese Kröte aus dem Gesetzentwurf wieder herauszustreichen. Sie haben uns bei der Erhöhung des Mindestlohns voll und ganz an Ihrer Seite; aber die Ausweitung von Minijobs lehnen wir strikt ab.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)