Nov 25, 2021

„Eine sehr gute Nachricht für Millionen Beschäftigte im Niedriglohnbereich ist ohne Zweifel die angekündigte Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro, konterkariert wird dieser Erfolg jedoch durch die gleichzeitige Ausweitung und Dynamisierung bei den Minijobs – ein Punktsieg für die FDP, die damit ihre Klientel sehr beglücken dürfte“, kommentiert Susanne Ferschl, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, den Koalitionsvertrag der neuen Ampel-Koalition. Ferschl weiter:

„Fortan läuft der Sektor prekärer Beschäftigung mit der Mindestlohnanpassung im Gleichschritt, dieses Tauschgeschäft ist sozial- und gleichstellungspolitisch ein Desaster. Bei Befristungen und Arbeitnehmerüberlassung bleibt es ebenfalls weitgehend beim Status quo, und die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung sucht man vergeblich. Hartz IV heißt jetzt Bürgergeld – mehr ändert sich nicht. Wie die Ampel trotzdem Respekt und gerechte Entlohnung durchsetzen möchte, bleibt vorerst ihr Geheimnis.

Dem Fass den Boden schlägt aber aus, dass die Ampel an der Arbeitszeit herumschrauben will, ohne eine umfassende Arbeitszeiterfassung durchzusetzen. Die seit zweieinhalb Jahren überfällige gesetzliche Umsetzung des EuGH-Urteils von 2019 zur kompletten Arbeitszeiterfassung weiter aufzuschieben, ist auch angesichts milliardenfach unbezahlter Überstunden eine sträfliche Ignoranz des Gesundheitsschutzes und der betrieblichen Realität. Ein Coup allerdings ist, dass die Behinderung von Betriebsräten zukünftig als Straftat gelten soll. Mitbestimmungsfeindlichen Arbeitgebern und ihren hochdotierten Anwälten wird so ihr Geschäftsmodell Union Busting erschwert.

Eine notwendige Stärkung des Sozialstaates und der solidarischen Versicherungssysteme ist eine weitere Leerstelle im Koalitionsvertrag. Die Rentenversicherung wird nicht ausgebaut und auch das Zwei-Klassen-Gesundheitssystem bleibt bestehen. Der Ampelkompromiss ist hier eindeutig ein gelber, denn die FDP hat sich mit ihrer überkommenen Lohnnebenkosten-Ideologie offensichtlich durchgesetzt und Konzepte für eine solidarische Gesundheitsversorgung vom Tisch gefegt. DIE LINKE wird weiterhin gebraucht, um das Land sozialer und gerechter zu machen. Wir werden die konkrete Gesetzgebung kritisch, aber auch konstruktiv begleiten.“