Liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Interessierte,
Die Bundesregierung hat das Betriebsrätemodernisierungsgesetz auf den Weg gebracht. Damit soll die Verbreitung von Betriebsräten erhöht und die Mitbestimmung bei Digitalisierung und mobiler Arbeit ausgebaut werden.
Ich begrüße es, dass die Bundesregierung etwas für Betriebsräte tun möchte. Leider ist der vorgelegte Entwurf dafür nicht ausreichend. Mit viel Text wird nur wenig Inhalt präsentiert, der die Arbeit von Betriebsräten kaum erleichtern wird.
Zum Beispiel soll das vereinfachte Wahlverfahren auf Betriebe mit bis zu 200 Arbeitnehmerinnen ausgeweitet werden. Dagegen ist nichts einzuwenden. Jeder, der die Situation in den Betrieben kennt, wird jedoch wissen, dass dadurch kaum Neugründungen zustande kommen werden. Auch soll es ein Initiativrecht für Betriebsräte bei der Berufsbildung geben. Betriebsräte könnten auf diesem Feld viel erreichen. Leider sollen sie weiterhin keine zwingenden Mitbestimmungsrechte bekommen. Eine angerufene Einigungsstelle soll nur moderieren können. Die Arbeitgeber werden also alle Vorstöße des Betriebsrates einfach abblocken können.
Erfreulich ist ein neues Mitbestimmungsrecht bei mobiler Arbeit. Auch das ist jedoch mehr Schein als Sein, denn schon jetzt können Betriebsräte bei den meisten Fragen rund um das Homeoffice mitbestimmen.
Die einzige klare und wegweisende Änderung ist die nun unbefristete Möglichkeit, Betriebsratssitzung per Video- und Telefonkonferenzen abzuhalten. Aber war das nicht eine Forderung der Arbeitgeberverbände? Die Gewerkschaften waren dem gegenüber aus guten Gründen immer sehr kritisch eingestellt. Virtuelle Sitzungen können zwar die BR-Arbeit erleichtern, die Präsenzsitzung ersetzen können sie nicht. Die Betriebsratssitzung ist kein reines Beschlussgremium; sondern Ort des Austausches und kollektiven Willensbildungsprozess. Mit der neuen Regelung müssen Betriebsräte nun aktiv darauf achten, sich Präsenzsitzungen zu erhalten.
Betriebsräte sind zu wichtig, als dass wir uns mit diesen halbherzigen Änderungen zufriedengeben können. Das Betriebsrätemodernisierungsgesetz kann nicht das Ende, sondern muss der Anfang einer neuen Debatte über die Zukunft der Betriebsräte werden. Die Fraktion DIE LINKE hat einen eigenen Antrag in den Bundestag eingebracht (Demokratisierung der Arbeitswelt – Betriebliche Mitbestimmung ausweiten und modernisieren, Drucksache 19/27318). Wir fordern darin:
die Gründung von Betriebsräten zu erleichtern, unter anderem durch verpflichtende Informationsveranstaltungen und die Möglichkeit im Zweifelsfall den Betriebsrat durch das Arbeitsgericht direkt einsetzen zu lassen,
BR-Mitglieder müssen entfristet und die Arbeit von Betriebsräten durch mehr Freistellungen erleichtert werden,
in den Bereichen Berufsbildung, Personalplanung, Datenschutz, Gleichstellung und Umweltschutz muss die zwingende Mitbestimmung ausgebaut werden,
auch bei wirtschaftlichen Angelegenheiten wie Ausgliederungen und anderen Betriebsänderungen muss die volle Mitbestimmung gelten.
Wir möchten das Gesetzesvorhaben der Bundesregierung nutzen, um auf die Notwendigkeit grundlegender Verbesserungen für die Arbeit der Betriebsräte aufmerksam zu machen. All Euer Lob, Eure Kritik und Anmerkungen zu unserem Antrag sind sehr willkommen. Schließlich wisst Ihr als betrieblich Aktive am besten, wie die Mitbestimmung vor Ort gestärkt werden kann.
Solidarische Grüße
Eure Susanne Ferschl