DIE LINKE KV Kaufbeuren Ostallgäu hat gestern ihren Europawahlkampf im gut besuchten Saal des Hotel Hasen eröffnet. Unter dem Titel „Gute Arbeit und soziale Gerechtigkeit – ein Europa für alle“ skizzierte  die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag den aktuellen Zustand der europäischen Union: Ein Drittel der europäischen Erwerbstätigen arbeite in atypischen Beschäftigungsverhältnissen wie Leiharbeit, Befristung, Teilzeit und Soloselbständigkeit mit unterdurchschnittlichen Einkommen. Fast ein Viertel der Bevölkerung in der EU lebe in Armut – im Gegensatz dazu habe sich die Zahl der Milliardäre in Europa seit der Finanzkrise verdoppelt. Diese tiefe soziale Spaltung machte Ferschl für antieuropäische Strömungen verantwortlich.
Sie verwies dabei auf die im März 2000 beschlossene Lissabon-Strategie, die zum Ziel hatte, die EU zum wettbewerbsfähigsten Wirtschaftsraum der Welt zu machen. Dies sei der Auftakt einer europaweiten Strategie des Sozialabbaus und von Strukturreformen am Arbeitsmarkt gewesen, u.a. der Agenda 2010 in Deutschland.

Ferschl bemängelte, dass durch die Grundfreiheiten am Binnenmarkt (Dienstleistungsfreiheit, Arbeitnehmerfreizügigkeit, Warenverkehrsfreiheit und Kapitalfreiheit) ohne entsprechende soziale Mindeststandards die Grundlagen für einen Sozialdumping-Wettbewerb gelegt wurden. „Aus der Freiheit wurde die bloße Freiheit des Marktes und der großen Unternehmen“.
Laut Ferschls Ausführungen wurde dies durch die große Exportlastigkeit Deutschlands, gestützt durch den größten Niedriglohnbereich Europas und der Finanzkrise, die mit einer rigiden Austeritätspolitik einherging, noch verschärft.
Dennoch lohne es sich, für ein solidarisches Europa zu kämpfen. Europa sei als Friedensprojekt gegründet worden, mit dem Ziel, dass es nie wieder Krieg in Europa gäbe, es gäbe offene Grenzen in Europa und eine einheitliche Währung – diesen Fortschritt dürfe man sich nicht nehmen lassen. DIE LINKE. streite für ein sozialeres Europa, soziale Standards müssten über die Binnenmarktfreiheit gestellt werden. Es brauche höhere Löhne durch flächendeckende Tarifverträge in den Mitgliedsstaaten und einen europäischen Mindestlohn der oberhalb von 60% der mittleren Verdienste in den jeweiligen Ländern liege. Prekäre Beschäftigungsverhältnisse, wie sachgrundlose Befristung und Leiharbeit müssten eingedämmt und die Umsetzung der neuen Entsenderichtlinie konsequent kontrolliert und durchgesetzt werden. Außerdem brauche es einen EU-weiten Mindeststeuersatz für Unternehmen und Mindeststandards für die Besteuerung großer Vermögen.

Ferschl forderte alle Anwesenden auf, am 26. Mai wählen zu gehen. „Wir dürfen unser Europa nicht den Rechtspopulisten und Antieuropäern überlassen und Faschismus konsequent den Kampf ansagen. Wir brauchen ein friedliches, vereintes und soziales Europa – ein Europa für Millionen, nicht für Millionäre.“ Im Anschluss entspann sich noch eine engagierte Diskussion über den Vortrag und andere soziale Themen, wie z.B. bezahlbaren Wohnraum.