Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister! Ja, es ist dringend notwendig, gegen illegale Beschäftigung, gegen Verstöße beim Mindestlohn und gegen Ausbeutung am Arbeitsmarkt vorzugehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Dieser Gesetzentwurf taugt dafür aber nicht; denn er beseitigt nicht die Ursachen von Schwarzarbeit, sondern kriminalisiert die Opfer von Ausbeutung, und er diskriminiert letztlich auch noch EU-Bürger. Ich bin echt sauer, Herr Minister, dass so ein Gesetzentwurf aus dem SPD-geführten Ministerium kommt.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich fange trotzdem zunächst mit dem Positiven an, und zwar der Aufstockung des Personals der Finanzkontrolle Schwarzarbeit. Das ist eine Forderung, die wir schon sehr lange erheben, und es ist längst überfällig, diesen Bereich der Zollverwaltung zu stärken. Von Ihrem CDU-Vorgänger im Amt war offensichtlich nicht gewollt, dass die Einhaltung des Mindestlohns ordentlich kontrolliert wird. Insofern ist es gut, dass jetzt mehr Personal dafür zur Verfügung gestellt werden soll. Bei dieser Gelegenheit möchte ich mich bei den Kolleginnen und Kollegen beim Zoll und bei der Finanzkontrolle Schwarzarbeit für die Wahrnehmung ihrer wichtigen Aufgabe bedanken.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es ist aber rechtsstaatlich bedenklich und fragwürdig, wenn man die Finanzkontrolle Schwarzarbeit mit einer so großen Machtfülle ausstattet,

(Zuruf der Abg. Andrea Nahles [SPD]

zum Beispiel mit der Möglichkeit der Telekommunikationsüberwachung, bis hin zur Möglichkeit, dass Rechte und Aufgaben einer Anklagebehörde wahrgenommen werden sollen. Dieses Ausmaß ist nicht nötig.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Bußgelder und Strafen, die verhängt werden, richten sich gleichermaßen gegen Beschäftigte wie Arbeitgeber. Um dies einmal deutlich zu machen: Opfer von Ausbeutung, also Menschen, die ihre Arbeitskraft auf den Tagelöhnerbörsen verkaufen, werden genauso bestraft wie die kriminellen Unternehmen, die davon profitieren. Das sind doch die eigentlichen Kriminellen, und das ist nicht hinnehmbar.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Mit dem Fokus auf der Kriminalisierung der Opfer lenken Sie von den eigentlichen und hausgemachten Ursachen für illegale Beschäftigung und Schwarzarbeit ab. Es ist so, als ob man jahrelang Öl ins Feuer gießen und dann plötzlich die Feuerwehr verstärken würde, ohne dem Feuer endlich die Nahrung zu entziehen. Illegale Beschäftigung dämmt man ein, indem man den Niedriglohnsektor austrocknet und den Arbeitsmarkt reguliert.

(Beifall bei der LINKEN – Andrea Nahles [SPD]: Machen wir doch! – Ingrid Arndt-Brauer [SPD]: Ich glaube, die Rede ist schon ein bisschen älter!)

Um dies an zwei Punkten festzumachen:

Erster Punkt. Minijobs sind ein Haupteinfallstor für Schwarzarbeit und Mindestlohnbetrug. Der Minijob wird angemeldet, und der Rest läuft dann schwarz. Aber was macht die Bundesregierung? Sie weitet die Möglichkeiten für Minijobs im Saisonarbeiterbereich auch noch aus. Das ist doch absurd, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Linke fordert deswegen schon lange: Minijobs müssen in die Sozialversicherung und in den normalen Arbeitsmarkt integriert werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Zweiter Punkt: Tarifbindung. Früher war es für Unternehmen gar nicht lukrativ, Tätigkeiten in Subunternehmen auszulagern, weil auch die Nachunternehmen ordentlich bezahlt wurden. Mittlerweile ist es so, dass nur noch jede oder jeder zweite Beschäftigte unter den Schutz eines Tarifvertrags fällt. Heute wird in Sub-, Sub-Sub- und noch mehr Subunternehmen ausgegliedert, die keiner Tarifbindung unterliegen und mieseste Stundenlöhne bezahlen. Das fördert doch Schwarzarbeit und gehört unbedingt unterbunden.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen brauchen wir Tarifverträge, die aufgrund einer Erleichterung der Allgemeinverbindlichkeitserklärung für alle gelten, ein einheitliches Tariftreue- und Vergabegesetz, damit öffentliche Aufträge auch nur an tarifgebundene Unternehmen vergeben werden, und eine Änderung der Vergabepraxis hin zur Qualität von guter Arbeit und weg vom Preis.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Darüber hinaus brauchen wir eine Nachunternehmerhaftung, damit die auslagernden Unternehmen gezwungen werden, stärker darauf zu achten, dass die Subunternehmen auch Mindestlohn und Tariflöhne bezahlen.

(Beifall bei der LINKEN)

Von all dem, Herr Minister, finde ich in Ihrem Gesetzentwurf nichts. Nicht einmal zu einem Verbandsklagerecht hat es gereicht. Das kann doch wirklich nicht wahr sein.

(Ingrid Arndt-Brauer [SPD]: Dafür ist der Finanzausschuss überhaupt nicht zuständig!)

Dafür enthält der Gesetzentwurf einen Punkt, der besonders perfide ist. Sie schließen letztendlich EU-Bürger vom Kindergeldbezug aus. Ja, merken Sie eigentlich noch, dass Sie damit den Rechtspopulisten auf den Leim gegangen sind?

(Andrea Nahles [SPD]: Haben Sie den Gesetzentwurf überhaupt gelesen? Offensichtlich nicht! Das ist nicht Gegenstand des Gesetzentwurfs!)

Kindergeldzahlungen sind geltendes EU-Recht. Das mag Ihnen nicht gefallen, Frau Nahles, aber es ist nun einmal so.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Andrea Nahles [SPD]: Das ist Unsinn, was Sie erzählen!)

Nur 1 Prozent der Kindergeldzahlungen fließen auf ausländische Konten. Das taugt nun wirklich nicht für einen Skandal.

(Michael Schrodi [SPD]: Das stimmt doch gar nicht! Schwachsinn! Unglaublich!)

Schon 2016 hat die Neue Richtervereinigung, als die Bundesregierung die EU-Bürger vom Sozialleistungsbezug ausgeschlossen hat, von einer „sozialrechtlichen Apartheid“ gesprochen. Genau da machen Sie weiter. Das ist doch nicht zu fassen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der SPD)

Sie wollen Arbeitnehmerfreizügigkeit, aber gleichzeitig gewähren Sie den Menschen nicht die existenzsichernden Leistungen.

(Andrea Nahles [SPD]: Sie haben das Gesetz nicht gelesen!)

Insofern ist es doch traurig, dass die SPD sieben Wochen vor der Europawahl, bei der es darum geht, die Menschen für ein solidarisches Europa zu begeistern, so einen spalterischen Unsinn auch noch mitmacht.

(Beifall bei der LINKEN)

Diese Spaltungsversuche und auch die Kriminalisierung von Armutsopfern werden wir als Linke nie und nimmer mitmachen.

(Andrea Nahles [SPD]: Das machen wir auch nicht mit!)

Die Linke steht für gute Arbeit für alle Menschen, und zwar in Deutschland und in Europa, für soziale Standards, die überall gelten, und für einen europäischen Mindestlohn.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)